FAQ

Aufklärung und Transparenz: FAQ zu Vorfällen von sexueller Belästigung und Machtmissbrauch am Leibniz Kolleg in den 1980er und 90er Jahren

 

Worum geht es?

Anfang 2023 haben sich drei betroffene ehemalige Kollegiat:innen unabhängig voneinander an die Kollegsleitung Ursula Konnertz bzw. Vorstände der GdFdLK gewandt, um von persönlichen Erfahrungen mit sexueller Belästigung und Machtmissbrauch am Leibniz Kolleg in den 1980er und 90er Jahren zu berichten. Daraufhin haben zahlreiche Gespräche zwischen Ursula Konnertz und den Betroffenen stattgefunden. Gemeinsam haben der Vorstand der GdFdLK und Ursula Konnertz sich seither um weitere Gespräche mit den betroffenen Personen bemüht, sich für die Bekanntmachung der Vorfälle eingesetzt und verschiedene Präventionsmaßnahmen ergriffen. Die Wünsche der betroffenen Personen wurden dabei ins Zentrum der Bemühungen gestellt. Seit der Veröffentlichung der Geschehnisse im August 2023 haben sich insgesamt neun Betroffene an das Kolleg oder die Vertrauensstelle der GdFdLK gewandt, die sexuelle Belästigung und Machtmissbrauch im Leibniz Kolleg erlebt haben. Alle bisher bekannten Fälle sind laut Einschätzung der Rechtsberatung der Universität für mögliche Konsequenzen vonseiten des Kollegs oder des Vereins arbeitsrechtlich gegenüber den von den Betroffenen genannten Personen juristisch nicht mehr relevant.  Die Entscheidung über eine strafrechtliche Prüfung oder Verfolgung von Einzelfällen obliegt den jeweiligen Betroffenen, die der Vertrauensstelle des Vereins und der Kollegsleitung keinen Auftrag hierfür erteilt haben. Diese Entscheidung gilt es zu respektieren. Als Verein sehen wir unsere Aufgabe darin, die Betroffenen zu unterstützen, Gesprächsangebote zu machen, die Vereinsstrukturen zu reflektieren und das Leibniz Kolleg im Prozess zu weiteren Präventionsmaßnahmen zu begleiten.

 

Warum gibt es unterschiedliche Formulierungen im Kontext der Vorfälle? 

Im August 2023 haben die Kollegsleitung und die Universität einen Brief an alle ehemaligen Kollegiat:innen gesendet, um das Bekanntwerden der Vorfälle öffentlich zu machen und weitere Betroffene zu ermutigen, sich an Vertrauensstellen von Kolleg, Universität oder Verein zu wenden. In dem Brief wurde die Formulierung „sexualisierte Grenzverletzungen“ gewählt.

Die Betroffenen, die sich an das Kolleg und den Verein gewandt haben, haben jeweils unterschiedliche Formen von Übergriffen erlebt. Um die Verschiedenheit der Vorfälle deutlich zu machen, hatten wir uns als Verein daher in der Mitgliederversammlung im November 2023 entschieden, von „Vorfällen von Machtmissbrauch und sexualisierten Grenzüberschreitungen“ zu sprechen. 

Im Zuge der Weiterentwicklung der Vertrauensstelle haben wir uns mit zentralen Begriffen im Bereich sexualisierte Gewalt auseinandergesetzt. Wir orientieren uns als Vereinsvorstand an dem Verständnis von sexualisierter Diskriminierung und Gewalt nach dem Gleichstellungsportal:

“Der politisch treffendere Begriff „sexualisierte Diskriminierung und Gewalt“ macht inhaltlich deutlicher, dass nicht „Sexualität“ das Problem ist, sondern dass es um Machtmissbrauch geht, der auf eine sexualisierte Art und Weise ausgeübt wird. Dabei geht es nicht darum, was – angeblich – beabsichtigt war, wie z.B. Kompli­mente, Humor oder Flirten, sondern darum, was die Betroffenen als ihre persönliche Grenze definieren […]” (Quelle Gleichstellungsportal). 

In Anlehnung an dieses Verständnis von sexueller Gewalt haben wir uns entschieden, in Zukunft von sexueller Belästigung und Machtmissbrauch zu sprechen. Unsere Begriffswahl zielt darauf ab, die Bandbreite der Übergriffe angemessen zu berücksichtigen, ohne sich ausschließlich auf strafrechtliche Kategorien zu beschränken. 

In der Beschreibung der Vertrauensstelle heißt es, dass diese für Menschen zur Verfügung steht, die „Erfahrungen mit Formen von „Gewalt, Machtmissbrauch oder Diskriminierung gemacht haben“. Hier haben wir uns bewusst für eine sehr weite Formulierung entschieden, weil es uns wichtig ist, den Aufarbeitungsprozess gegenüber Grenzüberschreitungen jeglicher Art und Weise möglichst offen zu halten.

Die verschiedenen Akteure, die in den Aufarbeitungsprozess involviert sind, haben das Recht, ihre Worte selbst zu wählen. Uns ist bewusst, dass durch die unterschiedlichen Formulierungen Verwirrung entstehen kann. Diese Verwirrung unter Mitgliedern des Vereins bedauern wir und versuchen, durch transparente Kommunikation wie dieses FAQ Einblick in den Gedankenprozess zu den vom Verein gewählten Formulierungen zu geben. Bei Fragen steht der Vorstand gerne allen Mitgliedern des Vereins zur Verfügung. 

 

Warum habe ich den Brief der Universität und Kollegsleitung von August 2023 nicht erhalten?

Im August 2023 haben die Kollegsleitung und die Universität den oben genannten Brief an alle ehemaligen Kollegiat:innen gesendet. Alle Ehemaligen, die diesen Brief nicht erhalten haben, können eine Mail an das Sekretariat des Kollegs senden. Vermutlich sind Ihre aktuellen Kontaktdaten dort nicht hinterlegt. Für weitere Informationen, aber auch zu anderen Anlässen wie weiteren Jubiläen oder Veranstaltungen, ist es unabdingbar, dass aktuelle Kontaktdaten beim Kolleg von Ihnen vorhanden sind.

 

Was ist der aktuelle Stand bezüglich des Gesprächskreises, der im Brief an alle Ehemaligen genannt wurde?

Der Gesprächskreis war ein Angebot für betroffene Personen von Universität und Kolleg und hat im Mai 2024 stattgefunden. Da es um den Austausch und die Reflexion von den Geschehnissen mit den Betroffenen ging, war der Gesprächskreis nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Im Brief an alle Ehemaligen hieß es dazu: “Für das Wintersemester möchten wir eine Gesprächsrunde für Interessierte zusammen mit dem Gleichstellungsbüro zu diesem Thema anbieten, um die neuen Konzepte vorzustellen und die vorhandenen Strukturen weiter zu verbessern”. Auf Wunsch der Betroffenen wurde dieser Gesprächskreis aber nicht für Interessierte geöffnet, um die Anonymität der Betroffenen zu wahren. Weitere betroffene Personen können sich an die Leiterin des Kollegs, Ursula Konnertz, wenden. Feedback kann jederzeit an die Kollegsleitung oder den Vereinsvorstand gesandt werden.

 

Warum sprechen wir von Betroffenen?

Seit dem März 2023 haben sich Menschen diverser Geschlechter an uns gewandt, daher sprechen wir in Zukunft nur noch von Betroffenen oder betroffenen Personen, nicht Frauen o.ä.

 

Wird es eine Gelegenheit geben, sich über die Aufarbeitung auszutauschen?

Es besteht jederzeit ein Gesprächsangebot für betroffene Personen vonseiten des Kollegs, der Universität und des Vereins. So Menschen Gesprächsbedarf, Rückmeldung oder Feedback haben, laden wir Sie herzlich ein, den Vorstand der GdFdLK zu kontaktieren. Von mehreren professionellen Beratungsstellen wurde uns aber abgeraten, einen allgemeinen, offenen Gesprächskreis zu initiieren, da dies unter anderem dazu führen kann, dass die Anonymität von Betroffenen verletzt wird. 

Dies schließt allerdings nicht mögliche Austausch-Formate für die Zukunft aus. Wir haben uns entschieden, den Aufarbeitungsprozess insgesamt so transparent wie möglich zu gestalten und stehen jederzeit für Feedback zur Verfügung. Wir freuen uns auch über Hinweise von in diesem Themenbereich erfahrenen Personen. Die jährlich stattfindende Mitgliederversammlung ist eine weitere Gelegenheit, um ins Gespräch zu kommen. Wir freuen uns daher über zahlreiches Erscheinen und werden dort regelmäßig zu weiteren Schritten oder Geschehnissen berichten.